Verlust und Flucht bewältigen – psychologische Betreuung für Ukraine-Flüchtlinge

21.03.2022

--- Artikel aus der PNP ---

Bistum Passau bietet psychologische Betreuung für Ukraine-Flüchtlinge an

Altötting/Passau. "Ich möchte wieder heim", hat ein achtjähriges mit ihrer Mutter aus der ukrainischen Heimat geflüchtetes Mädchen nach einer in Bad Füssing zugebrachten Nacht gesagt. "Egal, ob ich sterben muss, ich möchte zu meinem Papa und ihn beschützen." Die Mutter und ihre Helfer befürchteten gar Suizidgefahr bei dem Kind. Sie riefen bei der Ehe-, Familien- und Lebensberatung im Bistum Passau (EFL) an. Und da gab es klärende Unterstützung für die Mutter: Das Kind habe sich einsam gefühlt, ohne Freunde. Ein Kuscheltier, der Kontakt zu anderen Kindern könne da schon sehr hilfreich sein.

Helmut A. Höfl, Leiter der EFL, schildert diesen Vorfall als Beispiel, wie seine Einrichtung in der jetzigen Situation helfen könne. Die EFL habe sehr schnell reagiert und ein niederschwelliges Angebot der seelischen Unterstützung für Ukraine-Flüchtlinge aufgestellt, das, so Höfl, "mithelfen kann, die Erlebnisse von Krieg, Verlust und Flucht hinreichend einzuordnen und zu bewältigen.

Die EFL hat 25 psychologische Fachkräfte, verteilt auf neun Beratungsstellen in der Diözese Passau zur Verfügung, die durch eine intensive Ausbildung im Bereich der Paar- und Familienberatung und der Krisenbegleitung Einzelner auch psychotraumatologisch in der Lage sind, den Leidensdruck der Betroffenen angemessen zu behandeln. Bischof Stefan Oster habe sich dieses Angebot gewünscht und die EFL zur Umsetzung beauftragt.

Das kostenfreie Angebot richtet sich laut Höfl an Menschen mit schweren Ängsten, existenzieller Verzweiflung mit Gefühlen der Ausweglosigkeit, Erwachsene wie Kinder. Die Experten stehen u.a. zur Verfügung bei posttraumatischen Belastungen, bei Verdacht auf depressive Erkrankungen, bei der Verarbeitung des ungewissen Verbleibs oder Todes von Angehörigen im Kriegsgebiet oder bei der Anpassung an die erschwerte Lage als Geflüchtete im fremden Gastland.

Wann sollten sich Betroffene melden? Alarmzeichen, so Höfl, seien, wenn Kinder und Angehörige emotional taub und unverfügbar würden, sich übermäßige Unruhe oder schwere Konzentrationsstörungen zeigten, wenn man bei Kindern sozialen Rückzug, jähes Aufschrecken oder plötzliches Verstummen bemerke, ein übermäßiges Kontrollbedürfnis oder der starke Drang zu Medikamenten oder Alkohol registriert werde.

Betroffene können sich per E-Mail an das EFL-Zentrum in Altötting melden. Ein Rückruf ermittelt Ort, Sprachmöglichkeiten und Schwere der Symptome. Nach einem Erstgespräch mit einem ehrenamtlichen Übersetzer erfolgen weitere Schritte wie Besuch in der Unterkunft oder Treffen an einem sicheren Ort. Die psychologische Ukraine-Hilfe wird über Mittel der Kirchensteuer und Zuschüsse des bayerischen Staates finanziert. Es liegt in ukrainischer, englischer und deutscher Sprache vor unter www.efl-passau.de.

EFL-Leiter Höfl bittet ehrenamtliche Psychologen, sich zu melden und ehrenamtlich mitzuhelfen. Er habe bereits große Bereitschaft dazu registriert.